Stiftungen der Zukunft denken auch mal queer

#VMW-Frühstück Sonderausgabe am 28.06.2022 | 9:00 - 10:30 Uhr

Im Rahmen der Frühstücksreihe lud #VertrauenMachtWirkung in Kooperation mit Dreilinden und weiteren Veranstaltungspat*innen* ein zu einer Sonderausgabe, um den Blick auf die LSBTQIA+ Community zu richten und die Unterstützung ihrer Arbeit durch Fördereinrichtungen zu betrachten. In dem offenen Format waren sowohl Mitstreitende der Initiative als auch andere interessierte Stiftungen willkommen, von ihren Erfahrungen zu berichten und Fragen zu stellen.

*filia.die Frauenstiftung, Bundestiftung Magnus Hirschfeld, Arbeitskreis Diversität des Bundesverbands Deutscher Stiftungen und Ariadne

Eingeleitet wurde die Veranstaltung durch kleine Kennenlernrunden, wobei sich das große Spektrum an Erfahrungen im Teilnehmendenkreis zeigte: während einige Stiftungen sich bereits seit Jahren im Kontext der Regenbogenphilanthropie bewegten, waren andere erst dabei, sich in ihrer Stiftungsarbeit an das Thema heranzutasten.

Um eine Grundlage für das gemeinsame Arbeiten zu schaffen, wurde allen Teilnehmer*innen in einer anonymen Online-Umfrage die Möglichkeit gegeben, niedrigschwellig und ehrlich Fragen zu stellen sowie Unsicherheiten kundzutun. Neben allgemeinen Verständnisfragen zu Begrifflichkeiten wurde hier auch das Interesse an Kernthemen der LSBTQIA+ Community sowie aktuellen Studien zu dem Thema geäußert:

Persson Perry Baumgartinger, Mitverfasser der Studie Regenbogen-Philanthropie: Deutsche Förderung von LSBTIQA+ Menschenrechtsarbeit im Globalen Süden und Osten und Co-Host des Frühstücks führte die Teilnehmer*innen daraufhin in die aktuellsten Erkenntnisse zu der Fördersituation von LSBTQIA+ Projekten ein. Die von der Dreilinden gGmbH und dem Deutschen Institut für Menschenrechte herausgegebene Studie untersucht seit 2009 in regelmäßigen Abständen den finanziellen Umfang und die Zielsetzung deutscher Förderorganisationen in dem Themenkontext.

Die Ergebniszusammenfassung machte deutlich, dass in den letzten Jahren die Zahl der Förderorganisationen innerhalb Deutschlands gleichgeblieben ist, die Summe der Förderungen sowie der Förderbedarf jedoch zugenommen haben. Neben einem Überblick zu den Fördervolumina der Fördereinrichtungen stellt die Studie außerdem die Gründe dar, warum die LSBTQIA+ Community von vielen Organisationen nicht explizit gefördert wird. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass:

  • …allgemeine Menschenrechtsarbeit gefördert wird, explizit LSBTIQA+ jedoch nicht,
  • …LSBTIQA+ noch nicht Thema innerhalb der Organisation ist,
  • … allgemein nur sehr geringe finanzielle Mittel zur Verfügung stehen,
  • …Angst um Verlust des Stammspendenklientel bestimmend ist.

Als Good Practice Beispiel stellte Persson Perry Baumgartinger die Stiftung Erinnerung Verantwortung Zukunft vor. Nach einer Zeit vereinzelter Projektförderungen entschied sich die Stiftung 2015 dazu, mit SOGIdarity ein eigenes Förderprogramm zur Stärkung der LGBTQIA+ Rechte in Mittel- und Osteuropa ins Leben zu rufen (siehe: Interview Olga Daitche, Programmkoordinatorin von SOGIdarity, Regenbogen-Philanthropie: Deutsche Förderung von LSBTIQA+ Menschenrechtsarbeit im Globalen Süden und Osten, S. 43).

Auf der Grundlage der präsentierten Studienergebnisse wurde daraufhin in mehreren Arbeitsgruppen zu LSBTQIA+ Förderung in den eigenen Organisationen diskutiert. Hierbei wurde vor allem ein Augenmerk auf die Hemmschwellen sowie Erfolgsfaktoren von LSBTQIA+ Förderarbeit gelegt.

In Breakout-Sessions hatten die Teilnehmer*innen dann die Möglichkeit, die Erkenntnisse aus der Studie zu diskutieren und ihre verschiedenen Erfahrungen sowie Fragestellungen im Hinblick auf die Förderung von LSBTQIA+ Menschenrechtsarbeit zu teilen. Beobachtet werden konnte hierbei, dass viele Stiftungen LSBTQIA+ Themen noch als „exotisches Randthema“ wahrnehmen oder aus Sorge vor Verlust von Stammspender*innen den Themenschwerpunkt nicht dediziert einbringen. Außerdem wurde in mehreren Fällen davon berichtet, dass die Arbeit zu LSBTQIA+ stark von einzelnen Personen innerhalb der Organisation abhängt (die in der Regel selbst der LSBTQIA+ Community angehören), strukturelle Verankerungen jedoch fehlen. Organisationen sollten in ihrer Auseinandersetzung mit dem Thema deshalb auch berücksichtigen, inwiefern es schon in den eigenen Organisationsstrukturen verankert ist, und nicht nur in der Förderarbeit an sich.

Des Weiteren wurde die Notwendigkeit langfristiger Investitionen in Recherche und Effekte diskutiert, um LSBTQIA+ Bedarfe nachhaltig und breitflächig zu fördern. Aktuell sind Fördermittel unter den Personengruppen, welche das Akronym LGBTQIA+ umfasst, noch sehr ungleich verteilt. Dies betrifft insbesondere die Community von trans- und intergeschlechtlichen Personen. Hier sollten sich Stiftungen stärker bewusstwerden, dass durch solche Fördertendenzen auch innerhalb der LSBTQIA+ Community Diskriminierungsstrukturen verstärkt und unterrepräsentierte Randgruppen weiter marginalisiert werden.

Um solche und andere zentralen Herausforderungen gezielt zu adressieren und Stiftungen beim Einstieg in das LSBTQIA+ Fördergebiet zu unterstützen, stellt Dreilinden Anhaltspunkte für einen vierstufigen Vorgehensplan zur Verfügung:

Weiterführende Informationen zum Thema Regenbogenphilanthropie: