#VertrauenMachtWirkung-Frühstücke 2023

Virtuelle Veranstaltungsreihe

#VertrauenMachtWirkung-Frühstück „Strukturförderung“ am 29. Februar 2024

Wie können Stiftungen Kompetenz- und Organisationsentwicklung von NPOs fördern? 

Bewusste Organisationsentwicklungen sind notwendige Prozesse, um die Arbeit von NPOs zu erhalten und stetig zu verbessern. Diese müssen jedoch oft vor dem Hintergrund von mangelhafter finanzieller, und damit oft auch personeller Planungssicherheit gestemmt werden. Das vor allem bei Organisationen, die stark auf Stiftungsfinanzierung angewiesen sind, wie jüngst auch eine Partner*innenbefragung der Stiftung Mercator Schweiz zusammen mit fünf weiteren Schweizer Stiftungen gezeigt hat. Der vorherrschende Fokus auf die «klassische» Projektförderung von Stiftungen steht im dringenden Verdacht,  diese strukturelle Finanzierungsunsicherheit im NPO-Umfeld zu verstärken und so dessen Entwicklung zu hemmen.

Wie können Stiftungen ihre Förderpraktiken ändern? Und was stärkt NPOs ganz besonders? Dies diskutieren wir mit den beiden Förderpartnern Erik Schönenberger, Geschäftsführer der Digitalen Gesellschaft, und Stefan Brunner, Verantwortlicher Wirkungsorientierung der Stiftung Mercator Schweiz.

Das Frühstück findet am 29. Februar 2023, von 9 – 10:30, über Zoom statt.

Link zum Zoom Meeting: https://us06web.zoom.us/j/81844308918?pwd=2U0gQvTxW7XOabkt4mPfLGiGSGUBQQ.1

 

 

#VertrauenMachtWirkung-Frühstück „Powersharing“ am 19. September 2023

 

Powersharing bedeutet nicht nur die Umverteilung von Ressourcen wie Möglichkeiten und Positionen durch Teilen, Abgeben oder Verzichten. Sondern auch, dass Stiftungen und ihre Mitarbeitenden einen Schritt zurücktreten und über ihre eigenen Ressourcen und Privilegien nachdenken. In These 3 von #VertrauenMachtWirkung steht: “Stiftungen der Zukunft teilen ihre Macht”. 

Doch wie genau können Stiftungen durch Powersharing-orientierte Förderung zivilgesellschaftliche Organisationen nachhaltig unterstützen? Diese Frage stand im Zentrum des #VMW-Frühstücks mit Ahmet Sinoplu, Geschäftsführer von Coach e.V., einer Kölner Initiative für Bildungs- und Chancengerechtigkeit, und Dr. Ferdinand Mirbach, Senior Expert bei der Robert Bosch Stiftung. Die beiden haben mit den Teilnehmenden in der Diskussion und mit einem Input ihre Erfahrungen bei der gemeinsamen Arbeit zu Empowerment, Resilienz und Powersharing geteilt:  

Zusammenarbeit von Coach e.V. und der Robert Bosch Stiftung 

Ursprung der Zusammenarbeit war die Suche des Themenbereich Einwanderungsgesellschaft der Robert Bosch Stiftung nach Partner*innen, um ein vertieftes Wissen zu den Themen Empowerment, Resilienz und Powersharing zu erarbeiten. Für das Stiftungsteam stellte sich schon im Ausschreibungsverfahren die Frage nach dem Teilen von Macht: Mit wem zusammenarbeiten? Bewusst entschied sich die Stiftung gegen ein renommiertes Institut oder Universität und für Coach e.V., um Stimmen aus marginalisierten Räumen zu hören und zu stärken, mit dem Wissen, das nicht alles Gesagte angenehm zu hören sein würde. Sich den unangenehmen Realitäten zu stellen ist der erste Schritt zum Powersharing, denn nur so kann wirkliche Veränderung erzielt werden. 

Die erste theoretische Erarbeitung der Themen Empowerment, Resilienz und Powersharing fand im Rahmen einer Studie statt, die Coach e.V. mit der TH Köln erstellt hat. Explorativ wurde untersucht, welchen Beitrag Empowerment, Resilienz und Powersharing als politische Strategien in einer (Post-) Migrationsgesellschaft zur Demokratisierung der Verhältnisse leisten können. Dabei hat sich gezeigt, dass mittlerweile genügend Wissen und Erkenntnis zu Empowerment, Resilienz und Powersharing mit und in der Einwanderungsgesellschaft existieren. Die viel größeren Bedarfe jedoch liegen in der Umsetzung. Daraufhin begann ein Co-Creation-Prozess zwischen Coach e.V. und der Robert Bosch Stiftung, um die Ergebnisse zu bearbeiten und den nächsten Schritt anzugehen. Der war nicht immer einfach, auch zwischen Coach e.V. und der Robert Bosch Stiftung gab es unterschiedliche Vorstellungen, die immer wieder ausgehandelt werden mussten. Sehr wichtig dabei war eine gute Kommunikation, die zu mehr gegenseitigem Vertrauen und besserer Zusammenarbeit führte, erzählte Dr. Ferdinand Mirbach. 

Ergebnis des Co-Creation-Prozesses ist das Labor für Empowerment, Resilienz & Solidarisches Handeln, in dem es um die praktische Umsetzung der Erkenntnisse aus der Studie sowie die Darstellung von Bedarfen und möglichen Lösungsstrategien geht. Mit Konferenzen, Werkstattgesprächen, Power Spaces und einem Advisory Board werden partizipative, interaktive sowie sektoren- und communityübergreifende Vernetzungsformate und Veranstaltungen umgesetzt. 

Von Powersharing zu solidarischem Handeln und wieder zurück 

Dass Powersharing in der Zusammenarbeit als Prozess verstanden werden muss, zeigt sich für die beiden Partner auch auf semantischer Ebene: Wurde zu Beginn der Arbeit mit Coach e.V. Powersharing noch mit solidarischem Handeln gleichgesetzt, hat sich die Robert Bosch Stiftung in der Reflexion des eigenen Handelns in der Zusammenarbeit eingestanden, dass die Stiftung ihre Macht noch nicht wirklich abgibt und teilt. Deswegen entschied sich das Team, in einem ersten Schritt vom Begriff Powersharing zurückzutreten. Solidarisches Handeln schien zu diesem Zeitpunkt passender. Im Laufe der Zusammenarbeit und des gegenseitigen Lernens kann das Robert Bosch Team mittlerweile wieder hinter Powersharing stehen. Eigene Fehler einzusehen und auch mal einen Schritt zurückzugehen, wenn die Bedingungen noch nicht passen, sind Teil einer ehrlichen Zusammenarbeit und tragen erheblich zum Vertrauen bei.  

Powersharing in der Robert Bosch Stiftung 

Innerhalb der Robert Bosch Stiftung gibt es zwei Bereiche, in denen Powersharing ein Thema ist. In der stiftungsinternen Organisation und ihren Prozessen und im Arbeitsbereich Einwanderungsgesellschaft. 

Die vom Arbeitsbereich Einwanderungsgesellschaft in Auftrag gegebene Studie zu Empowerment, Resilienz und Powersharing ist ein Baustein einer umfassenderen Entwicklung innerhalb der Robert Bosch Stiftung, die von der Geschäftsführung unterstützt wird und in einer Strategie mündet, die von allen getragen wird. Verschiedene Themengruppen innerhalb der Stiftung arbeiten an den im Rahmen der Studie identifizierten Themen. Zusätzlich wurde eine interne Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die sich mit dekolonialen Perspektiven und Powersharing befasst. Dr. Ferdinand Mirbach betonte, dass die Organisation noch am Anfang steht, aber auf dem richtigen Weg ist, um die Erkenntnisse und Empfehlungen aus der Studie in die Praxis umzusetzen. 

Intern geht es insbesondere um die Förderstrukturen in der Stiftung. Im Kontext des Prozesses zu mehr Powersharing wurde bisher der Antragsprozess vereinfacht, um das Bewerben auf Mittel zu erleichtern. Ideen-Förderung wurde implementiert, um nicht nur Projekte zu fördern, sondern auch die Ausarbeitung von Ideen oder auch Akteur*innen selbst. Den Geförderten wird aktiv zugehört und ihre Bedarfe stehen im Vordergrund. Außerdem bemüht sich die Stiftung, partizipativ zu fördern. Das bedeutet mehr Co-Creation-Prozesse und Entscheidungen an betroffene und geförderte Personen abzugeben. 

Studie und Laboratorium: Empowerment, Resilienz und Powersharing 

Die Studie  bildet die Grundlage für die Arbeit des Laboratoriums, bei dem es um die Förderung und Sichtbarmachung von Empowerment, Resilienz und solidarisches Handeln in der Praxis sowie um die Darstellung von Bedarfen und möglicher Lösungsstrategien geht. Dafür werden partizipative, interaktive sowie sektoren- und communityübergreifende Vernetzungsformate und Veranstaltungen umgesetzt, die sich an migrantisch und nicht-migrantisch geprägte zivilgesellschaftliche Organisationen wenden. Werkstattgespräche, um zivilgesellschaftliche Organisationen ins Handeln zu bringen, genauso wie Kooperationen mit Hochschulen, um die Ergebnisse zu teilen gehören dazu: „Es besteht ein großer Bedarf an Safe Spaces für Menschen mit Migrationsgeschichte“, erzählt Ahmet Sinoplu. Deswegen organisiert er im Rahmen des Laboratoriums auch Powerspaces: Empowerment-Retreat Camps, in denen sich diskriminierte, marginalisierte Menschen, die sich zivilgesellschaftlichen engagieren oder sich täglich mit diesen Themen auseinandersetzen, stärken, vernetzen und erholen können.  

Insbesondere Stiftungen haben viel Wirkungsmacht, die sie nutzen müssen. Sie haben die Möglichkeit, die richtigen Rahmenbedingungen für Empowerment zu schaffen, können die Resilienz von Organisationen und Strukturen stärken und daran arbeiten, ihre Macht und Privilegien zu teilen. Der Prozess des Macht-Abgebens kann schmerzhaft sein, er beinhaltet nicht nur das Hinterfragen der eigenen Privilegien, sondern auch aktives Handeln, eingreifen und Konfliktbearbeitung. Das Ziel des Prozesses ist nicht Gleichheit, sondern Gleichberechtigung. 

Ein erster praktischer Ansatz des Powersharings bei der Robert Bosch Stiftung war es, bei Förderanfragen nicht nur eine freundliche Absage zu schicken, sondern Unterstützung anzubieten, sei es durch Vernetzung, Feedback oder einfach Hilfestellung bei Fragen. Außerdem stellt die Stiftung ihre Räumlichkeiten zur Verfügung, teilt ihre Netzwerke und nimmt sich auf Veranstaltungen zurück, um marginalisierten Stimmen mehr Raum zu geben. Sie hat ihre eigenen Strukturen umgebaut und sich sensibilisiert, wenn es um die Zusammenarbeit mit anderen Organisationen geht, mittlerweile geht die Stiftung Kooperationen auf Augenhöhe ein und teilt ihr Wissen frei. Informationen und Strukturen hinter verschlossener Tür zu halten, stratifizieren Machtstrukturen nur weiter. 

Weiterführende Informationen: 

Studie: Empowerment, Resilienz und Powersharing in der Migrationsgesellschaft 

Labor für Empowerment, Resilienz und Solidarisches Handeln 

 

 

#VertrauenMachtWirkung-Frühstück „Nachwuchsstiftungen packen da an, wo es gebraucht wird“ am 25. Mai 2023

Das letzte #VMW-Frühstück im Mai 2023 hatte Nachwuchsstiftungen und die Ergebnisse der letzten Wirkungsumfrage zum Thema. Eingeladen dazu waren Sarah Husinec (Geschäftsführerin) und Andrea Treittinger (Projektleitung) von Affirmative sowie Nina Hille und Anja Kittlitz (beide Geschäftsführung) ihrer-Förderpartner*in SchlaU-Werkstatt. Im Gespräch erzählten sie von den ersten Förderschritten einer jungen Stiftung und ihren gemeinsamen Erfahrungen mit ungebundener Förderung und oral reporting.

Die SchlaU-Werkstatt und Affirmative setzen sich für Bildungsgerechtigkeit ein

Die Schlau-Werkstatt für Migrationspädagogik gGmbH möchte mit ihren Angeboten Bildungspraxis an Schulen und anderen Bildungsinstitutionen verändern, um geflüchteten und neuzugewanderten Kindern und Jugendlichen einen chancengerechten Zugang zu Bildung zu ermöglichen. Seit Juni 2022 arbeiten sie mit Affirmative zusammen. Affirmative, eine gGmbH mit einem zweiköpfigen Team, wurde vor 2 Jahren gegründet und setzt sich Bildungsgerechtigkeit für Kinder und Jugendliche zum Ziel. Ihrer Förderpraxis haben sie die drei grundlegenden Werten Optimismus, Energie und Menschlichkeit zugrunde gelegt.

Affirmative setzt auf eine Förderbeziehung auf Augenhöhe

Affirmative sucht langfristige Förderbeziehungen, die zu Partnerschaften werden können. Eine Veränderung, die sich allmählich im gesamten Stiftungssektor beobachten lässt. Um das zu erreichen, kommunizieren Andrea Treittinger und Sarah Husinec schon in den ersten Gesprächen transparent und auf Augenhöhe mit ihren potenziellen Förderpartner*innen, um eine Grundlage für einen offenen Austausch zwischen Fördernden und Geförderten zu schaffen.  Zwischen der SchlaU-Werkstatt und Affirmative waren die Unterhaltungen beispielsweise so offen, dass Nina Hille und Anja Kittlitz von der SchlaU-Werkstatt Affirmative gegenüber auch mal „nein“ sagen konnten. Das hat Vertrauen geschaffen.

Durch Zuhören und Verstehen zu maximaler Wirkung

Bei Affirmative gab es von Beginn an ein Bewusstsein darüber, dass man auf Wissen und Erfahrungen von Partnerorganisationen und Geförderten angewiesen sein wird. Deswegen sind Zuhören und Verstehen zentrale Punkte ihres Förderansatzes: „Zuhören hilft dabei, den Förderansatz so zu justieren, so dass er maximal wirkungsvoll wird“, sagen Sarah Husinec und Andrea Treittinger. Der Wechsel von projektgebundener zu ungebundener Förderung ist auf das Feedback ihrer Partnerorganisationen erfolgt. Wird genau geschaut, wo entscheidende Beiträge fehlen, kann auch mit begrenzten Mitteln ein Unterschied gemacht werden. Durch fortwährendes Hinterfragen und Überarbeiten optimiert Affirmative so ihr Fördern immer weiter.

Beide Parteien tragen zur Förderpartnerschaft bei

Nina Hille und Anja Kittlitz von der SchlaU-Werkstatt passt dieser auf Zuhören und Verstehen basierende Ansatz sehr gut, da sie eine Organisation sind, die offen mit Fehlern umgeht. Bei Affirmative haben sie Partner*innen gefunden, die verstehen, dass sich Vertrauen und Transparenz gegenseitig bedingen und beides wertschätzen. Gemeinsam achten sie auf die Wirkung, die sie erzielen möchten, und legen nicht ihren gesamten Fokus auf den generierten Output, um rein kosmetische Verbesserungen zu vermeiden. Nina Hille und Anja Kittlitz betonen außerdem, dass beide Parteien in einer Förderbeziehung etwas mitbringen: Die Fördernden haben den Überblick über den Sektor und die Geförderten wissen, was sie brauchen, und haben Erfahrung im Umsetzen der Projekte. Es ist ein gegenseitiger Verstehensprozess, in dem eine Partnerschaft eingegangen wird – beide Organisationen bezeichnen sich gegenseitig als Förderpartner*in.

Oral Reporting und Round Tables als effektive Tools für beide Förderpartnerinnen

Diese Partnerschaft setzt sich im Reporting fort. Bei Affirmative ist man immer noch am Ausprobieren, welche Art von Reporting am besten für die eigene Organisation und die Förderpartner*innen funktioniert.  Der Prozess wird weiterentwickelt, indem Methoden variiert und das Feedback der Partner*innen eingeholt wird. Zentrale Fragen dabei sind, welche Informationen Affirmative als Stiftung braucht und welche Ressourcen dies bei ihren geförderten Organisationen bindet.

Für Organisationen, die auch noch am Orientieren sind, welche Art von Reporting am besten zu ihnen passt oder ihre aktuellen Prozesse hinterfragen wollen, hat Ise Bosch in der Diskussion „A Trust-Based Framework for Learning & Evaluation in Philanthropy” als wertvolle Ressource empfohlen.

Affirmative nutzt in den Förderpartnerschaften oral reporting. Bei circa vier Gesprächen im Jahr tauschen sie sich über Meilensteine und Entwicklungen aus. Auf diesem Weg fallen die wenigsten unnötigen Aufgaben an, wie zum Beispiel Excel-Listen verfassen, die niemand liest. Außerdem organisiert die SchlaU-Werkstatt in regelmäßigen Abständen ein Roundtable-Format für alle ihre fördernden Organisationen, bei dem sie über ihre Aktivitäten berichten, begleitet von einem schriftlichen Bericht, in dem ein transparenter Einblick in Entwicklungen, Strategie und Zahlen gegeben wird. Dort haben die Fördernden die Möglichkeit, sich gegenseitig kennenzulernen und auszutauschen. Zudem entsteht auch zwischen den fördernden Organisationen ein Netzwerk.

Insgesamt schätzen beide Organisationen eine offenen und auf Beziehung setzenden Förderpartnerschaft als positiv ein, da es die Chance bietet, genau dort anzupacken, wo es nötig ist. Trotzdem sagen beide Partnerinnen, dass klare Grenzen gesetzt und das Machtgefüge beachtet werden müssen, um das Risiko einer zu engen Beziehung zu vermeiden.

 

Der #VMW-Wirkbericht 2022

Abgeschlossen wurde das #VMW-Frühstück mit der Präsentation der Ergebnisse der letzten Wirkungsumfrage und den daraus abgeleiteten nächsten Schritten der Initiative. Den #VMW-Wirkbericht finden Sie hier.